Oben: Bild 4: Der Verlust eines geliebten Menschen ist gerade zu Weihnachten besonders schmerzhaft. Die ExpertInnen der Palliativstation am Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Steyr raten: Keine Heile Welt vorspielen, Rituale einplanen und Kindern zeigen, dass es in Ordnung ist traurig zu sein. Bildquelle: Shutterstock/Asylsun.

STEYR. Den Verlust eines geliebten Menschen empfinden wir gerade zu Weihnachten als besonders schmerzhaft. Die ExpertInnen der Palliativstation des Pyhrn-Eisenwurzen Klinikums Steyr sind speziell darauf geschult, Menschen in Trauer- und Abschiedssituationen zu unterstützen. Sie raten: Zu Weihnachten keine „Heile Welt“ vorspielen und Rituale einplanen. Denn Kinder trauern anders als Erwachsene.

Wenn das erste Mal ein Platz beim Fest unter dem Weihnachtsbaum leer bleibt und ein lieber Mensch fehlt, ist das für Trauernde emotional extrem belastend. Gleichzeitig sind Angehörige und Freunde in dieser Situation oft sehr hilflos, besonders, wenn Kinder trauern. Gertrude Grafeneder ist diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und Familientrauerbegleiterin auf der Palliativstation des Pyhrn-Eisenwurzen Klinikums Steyr und für genau diese Situationen speziell ausgebildet.

„Auf keinen Fall sollten Sie Kindern in Zeiten der Trauer zu Weihnachten eine `Heile Welt` vorspielen und so tun, als wäre alles wie immer. Die Traurigkeit soll Platz haben und so authentisch wie möglich in das Fest integriert werden. Am besten, Sie sprechen vorher gemeinsam darüber, wie die Festtage ablaufen sollen. Rituale geben Sicherheit und Halt. Das brauchen Kinder wie ein Geländer. Wobei alte, gewohnte Rituale guttun. Es können aber auch neue entstehen“, so Familientrauerbegleiterin Gertrude Grafeneder.

Alte und neue Rituale spenden Trauernden Trost
Eine Möglichkeit, dem verstorbenen Menschen einen Platz beim Weihnachtsfest zu geben, sind Rituale. „Eine schöne Idee ist etwa, vom Weihnachtsbaum einen kleinen Zweig abzuschneiden und ans Grab zu bringen. Oder einen Weihnachtsschmuck zu basteln, der nun jedes Jahr an den Baum gehängt wird. Oft tut es Trauernden auch gut, am 24.12. den Lieblingsplatz des Verstorbenen zu besuchen. Es ist aber wichtig zu betonen, dass es völlig in Ordnung ist, wenn man trotz der Trauer auch Freude spürt. Weihnachten ist ein wunderbares Familienfest, an dem Eltern und Kinder auch einfach fröhlich sein dürfen, neben der Trauer“, sagt Oberarzt DDr. Alexander Lang, Leiter der Palliativstation des Pyhrn-Eisenwurzen Klinikums Steyr.

Kinder trauern anders als Erwachsene
Bis etwa zum Kindergartenalter können Kinder den Tod nicht als das Unumkehrbare begreifen, das er ist. Sie erwarten, dass der Mensch wiederkommt. Erst um das 10. Lebensjahr realisieren Kinder, was der Tod bedeutet. „Kinder können darauf mit großen Verlustängsten reagieren. Mama oder Papa dürfen das Zimmer nicht verlassen. Oder sie wollen wieder im Bett der Eltern schlafen oder beginnen unkontrolliert zu weinen. Wir sehen diese Symptome auch oft bei Scheidungskindern“, so Gabriela Simmer, Sozialarbeiterin der Abteilung.

Die Art und Weise, wie Kinder trauern, kann Erwachsene irritieren: „Kinder trauern sprunghaft. Sie können in einem Moment sehr traurig sein und im nächsten Moment scheinbar unbeschwert spielen und lachen. Das stößt Erwachsene manchmal vor den Kopf, ist aber völlig normal und schützt Kinder vor den intensiven Gefühlen“ sagt Oberarzt DDr. Alexander Lang. Kinder brauchen bei der Bewältigung ihrer Trauer Erwachsene, die sie auffangen. Für Kinder ist es bedeutend zu erleben, dass auch Mama und Papa traurig sind und weinen müssen. So lernen sie, dass es in Ordnung ist, zu trauern und die Gefühle mit anderen zu teilen.

Wie erklärt man Kindern den Tod?
Kinder haben das Recht zu erfahren, was los ist. Es ist wichtig, verständlich und altersgerecht zu erklären, wie es um die Bezugsperson steht. Wobei es hier Formulierungen gibt, die es zu vermeiden gilt, wie `Der Opa ist eingeschlafen`. „Kinder können dadurch Ängste beim Einschlafen entwickeln oder sich fürchten, dass andere Familienmitglieder nicht mehr aufwachen. Auch `Die Mama hat sich auf eine lange Reise gemacht` ist ungünstig. Kinder denken: Wieso kommt sie nicht zurück? Bin ich schuld?“, sagt Familientrauerbegleiterin Gertrude Grafeneder.

Wie können Freunde und Angehörige helfen
Wer Trauernde unterstützen möchte, sollte Hilfe möglichst konkret anbieten. „Sagen Sie nicht: `Meldet euch, wenn ihr Etwas braucht`- dafür haben Trauernde meist nicht genug Kraft. Fragen Sie, was konkret den Trauernden guttun würde und bieten Sie explizit Unterstützung im Alltag an. Die Küche putzen, Essen kochen, die Kinder von der Schule oder vom Sport abholen. Oder auch die Kinder zu einem Ausflug einladen, damit die trauernden Eltern Raum für sich haben“, empfiehlt Grafeneder.

Sozialarbeiterin Gabriela Simmer von der Palliativstation des Pyhrn-Eisenwurzen Klinikums Steyr sagt: „Der Verlust einer wichtigen Bezugsperson ist ein sehr einschneidendes Erlebnis für Kinder. Wenn Unsicherheit besteht, soll niemand zögern, sich Rat und Hilfe zu holen. Ganz wichtig ist, dass es keine pauschale Aussage dafür gibt, wie lange jemand trauert und wie lange Trauerprozesse dauern. Es gibt kein Richtig und kein Falsch.“ Simmer empfiehlt folgende Einrichtungen:

Kinder Palliativnetzwerk: Die Teams des „Mobilen Hospiz Palliative Care“ der Caritas unterstützen schwerstkranke und sterbende PatientInnen sowie deren Angehörige kostenlos und umfassend. Speziell für Kinder und deren Angehörige gibt es das Kinder Palliativnetzwerk.

Rainbows: Rainbows geht behutsam auf das Thema Tod zu – mit einer positiven Grundhaltung. Man soll darüber reden können und Gefühle zeigen dürfen.

Rat auf Draht: unterstützt bei belastenden Situationen im Familienalltag

Das Team des Fachbereichs Palliative Care am Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Steyr kümmert sich um PatientInnen, bei denen die Heilung nicht im Vordergrund steht. „Das bedeutet aber nicht, dass zwingend der Tod bevorsteht. Vielmehr geht es darum, die Lebensqualität der PatientInnen und ihrer Angehörigen im gesamten Krankheitsverlauf bis hin zum Lebensende zu verbessern. Studien zeigen, dass eine frühe Einbindung der Palliativmedizin sogar die Lebenszeit verlängert“, so Oberarzt DDr. Alexander Lang, Leiter der Palliativstation des Pyhrn-Eisenwurzen Klinikums Steyr.

 

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