Oben: Bürgermeister Markus Vogl und Vizebürgermeisterin Anna-Maria Demmelmayr (rechts) präsentieren das Schulprojekt gemeinsam mit den Kooperationspartnerinnen Barbara Sabitzer von der JKU und Dynatrace-Mitgründerin Sok-Kheng Taing. Foto © Magistrat Steyr / Presse.

Mit Ozobots programmieren lernen: Stadt Steyr baut digitale Grundbildung in städtischen Pflichtschulen aus

Nur 2,5 Zentimeter groß sind die kleinen Roboter namens Ozobot, die die Experimentierfreude von Kindern fördern und ihr Interesse für den Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) schon in jungen Jahren wecken sollen. Die Stadt Steyr hat für jede der 16 Steyrer Pflichtschulen zwei Zwölfersets dieser kleinen Roboter angekauft, die nach Meinung von Expert:innen für den pädagogischen Einsatz besonders geeignet sind.

„Codes verstehen und programmieren können wird immer wichtiger. Deshalb braucht es auch an den Schulen neue Ausbildungskonzepte für diesen Bereich. Die digitale Kompetenz entwickelt sich neben Lesen, Rechnen und Schreiben zur vierten Kulturtechnik. Mit dem Projekt baut die Stadt Steyr die digitale Grundbildung für Kinder in unserer Stadt aus und vermittelt ihnen von der ersten bis zur neunten Schulstufe Fähigkeiten, die in Zukunft für die gesamte Gesellschaft relevant sein werden. In der Industriestadt Steyr setzen wir darauf, schon Kinder für den MINT-Bereich zu begeistern und damit auch langfristig Fachkräfte für die Bereiche Technik und Informatik zu gewinnen“, sagt Bürgermeister Markus Vogl.

Steyr wird mit dem Projekt zu einer Vorreiterin im Bereich digitaler Bildung ab der ersten Schulstufe.

Kindgerechter Einblick in die Robotik
„Das Besondere an diesem Projekt ist, dass es alle Kinder in öffentlichen Steyrer Pflichtschulen – von der Volksschule bis ins Poly, also von der ersten bis zur neunten Schulstufe – erreicht. Eine eigene Ausbildungsschiene für Lehrer:innen und wissenschaftliche Begleitung sichern ein hohes Niveau und optimalen Einsatz der Roboter im Unterricht“, sagt die zuständige Referentin und Initiatorin des Projekts, Vizebürgermeisterin Anna-Maria Demmelmayr.

Die Arbeit mit Robotersystemen wie dem Ozobot ist ein kindgerechter Einstieg in die Welt digitaler Medien und erlaubt den Schüler:innen einen Einblick in das Thema Robotik und spielerisches Programmieren mithilfe von Codes. Mit den Lernrobotern entdecken die Kinder unterschiedliche Zusammenhänge, die in der Informatik wichtig sind. Ozobots sind einfach zu bedienen und die Nutzungsmöglichkeiten können dem Alter der Kinder angepasst werden. So erwerben Schüler:innen Fertigkeiten, welche in Zukunft besonders gefragt sein werden.

Spielerisch programmieren lernen
In Steyr ist ab Frühling 2024 gesichert, dass alle Kinder schon in jungen Jahren, ohne soziale Hürden, die Gelegenheit bekommen, Fähigkeiten im Bereich Technik und IT zu erwerben. „Mit Ozobots können Kinder spielerisch und kreativ den MINT-Bereich erkunden. So können wir Kinder ansprechen, die sich sonst nicht für Technik und Informatik interessieren würden“, sagt Demmelmayr. „Ozobots bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten und können in allen Schulfächern eingesetzt werden.

Die Stadt Steyr entschied sich mit den Ozobots für eine gezielte Investition in den MINT-Bereich, welche die bereits in den Schulen vorhandene IT-Grundausstattung ergänzt und völlig neue Einsatzbereiche und Lehrmethoden möglich macht.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Projekt ist das Engagement der Schulen sowie der Pädagog:innen. An allen städtischen Pflichtschulen gibt es bereits Lehrkräfte, die das Projekt federführend an der jeweiligen Schule umsetzen werden. Damit die Ozobots regelmäßig und fachgerecht im Unterricht von den Pädagog:innen eingesetzt werden können, werden vom COOL Lab der JKU in Zusammenarbeit mit der Firma Dynatrace Schulungen angeboten. Dass die Lehrkräfte eine entsprechende Ausbildung absolvieren können, ist dank der Unterstützung der Bildungsdirektion Oberösterreich möglich.

Die Schulungen von Pädagog:innen aller Steyrer Pflichtschulen starten im März, ab April können die kleinen Roboter im Unterricht eingesetzt werden.

Dynatrace, JKU COOL Lab und Stadt Steyr: Schulterschluss zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Stadt
Sok-Kheng Taing, Dynatrace-Mitgründerin: „Nachwuchsförderung ist Schlüsselinvestition für Gesellschaft und Zukunft“
„Mit dem Ozobots Pilotprojekt betreten wir tatsächlich Neuland. Erstmals wird in Österreich in einer ganzen Stadt in allen Pflichtschulen und Schulstufen gleichzeitig ein neuartiges digitales Lerninstrument eingesetzt. Obwohl wir Neuland betreten, betreten wir gleichzeitig ein pädagogisch äußerst solides Terrain. Die Wissenschaftsteams der JKU und von Dynatrace, angeführt von Dynatrace-Wissenschaftlerin Dr. Sara Hinterplattner und Univ.-Prof. Barbara Sabitzer von der JKU, haben zwei Jahre intensiv Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Neurodidaktik, Gender Studies und Talententwicklung betrieben. Unser Pilotprojekt ist aber auch eine Expedition. Tatsächlich begeben wir uns in ein zum Teil noch unerschlossenes pädagogisches Spezialgebiet. Wir wollen nicht nur dem digitalen Unterricht einen wichtigen Impuls geben. Wir wollen auch über das Lernen lernen!

Vieles wissen wir schon. Studien belegen, dass Ozobots die Motivation heben, die Experimentierfreude und Fantasie anregen, den Ideen-Austausch fördern und Programmier-Kenntnisse – spielerisch – vermitteln. Wir wollen aber mehr wissen: Gelingt es uns mit den Ozobots, den Wissendurst und Schaffensdrang der Jüngsten stärker auf Naturwissenschaften und Computational Thinking zu fokussieren? Schaffen wir es, geschlechterspezifische Stereotypen zu überwinden und mehr Mädchen für Technik und IT zu begeistern? Wie gelingt es uns, auch für die Pädagog:innen den Einstieg in dieses Pilotprojekt spannend, praktikabel und sofort einsetzbar zu gestalten? Wie schaffen wir es, sie zu Botschafter:innen des Projektes zu machen? Ich bin überzeugt, dass uns das alles gut gelingen wird.

Wir machen bei dem Projekt aus drei Gründen gerne mit: Aus Mitverantwortung für die Zukunftschancen unserer Kinder und Jugendlichen. Weil wir mit einem flächendeckenden schulischen Angebot ausnahmslos alle Schülerinnen und Schüler erreichen und so die Chancengleichheit erhöhen. Und drittens aus einem gesunden Eigeninteresse, Dynatrace profitiert – wie alle Betriebe – von einem hervorragenden Ausbildungssystem und von hochqualifiziertem Nachwuchs.

Wir sind überzeugt, dass Nachwuchsförderung eine Schlüsselinvestition für Gesellschaft und Zukunft ist. Deshalb ist das Ozobots-Pilotprojekt ein wichtiger Teil unseres umfassenden Programmes, das darauf abzielt, mehr Kinder und Jugendliche für naturwissenschaftliche Fächer zu begeistern. Wir hoffen darauf, dass sich auch weitere Städte, Gemeinden und Schulen, die bei dem Projekt teilnehmen wollen, bei uns melden.“

Intensive Kooperation für wegweisende Langzeitforschung
„Das Projekt Ozobots ist ein Glücksfall, den wir uns öfter wünschen würden“, sagt Univ.-Prof. Barbara Sabitzer, Leiterin des JKU COOL Labs an der Johannes Kepler Universität Linz. „Es ist nicht alltäglich, dass wir gefragt werden, ein derartig spannendes Wissenschaftsprojekt umzusetzen.“ Weil die Projektinitiatoren der Stadt Steyr die Dynatrace-Wissenschaftlerin Dr. Sara Hinterplattner schon von ihren vielen Tätigkeiten in der MINT-Nachwuchsförderung kannten, haben sie mit ihr bereits vor rund sieben Monaten erste Sondierungsgespräche geführt. „Ihre Idee, Roboter im Unterricht einzusetzen und wissenschaftlich zu begleiten, sei dann auch im JKU COOL Lab-Team auf sehr fruchtbaren Boden gefallen und fortan mit großem Engagement vorangetrieben worden“, betont Sabitzer. „Das Projekt hat eine Tiefe und Dimension, die man sich als Wissenschaftlerin wünscht. Wir freuen uns auf eine sehr intensive Zusammenarbeit zwischen den Pädagog:innen an den Steyrer Schulen, Dynatrace und der Johannes Kepler Universität.“

Intensiv war auch schon die Vorbereitungsphase durch das JKU COOL Lab und Dynatrace, in der etwa die Fortbildungen für die Lehrkräfte entworfen wurden. Jetzt stehe die konkrete Umsetzung unmittelbar bevor, sagt Prof. Sabitzer. „Sowohl Dr. Sara Hinterplattner von Dynatrace als auch Mag. Eva Schmidthaler aus meinem JKU COOL Lab-Team bringen die idealen Voraussetzungen mit, um dieses Projekt umzusetzen und für eine wegweisende Langzeitforschung zu nutzen. „Sowohl Hinterplattner als auch Schmidthaler verfügen nicht nur über die entsprechende akademische Expertise, sondern setzen den Ozobot seit Jahren erfolgreich in der Arbeit mit Kindern ein.“ Beide kennen daher die besonderen Herausforderungen, mit denen etwa Schulanfänger:innen konfrontiert sind.

Schon in den nächsten Tagen starten jene Workshops, die von beiden Projektleiterinnen an allen Steyrer Schulen durchgeführt werden. Danach können die Pädagog:innen selbstständig zwei- bis vierstündige Ozobots-Unterrichtseinheiten von Geografie über Mathematik bis Sachunterricht gestalten – und ihr erworbenes Wissen an Kolleg:innen für alle Schulstufen weitergeben. Zusätzlich werden – ebenfalls für alle neun Schulstufen – Stundenplanungen für weitere zehn Unterrichtseinheiten erarbeitet, die als Open-Source-Lehrinhalte online zugänglich sind.

„Schon jetzt sind wir sehr gespannt auf die Ergebnisse der geplanten Langzeitforschung, in der auch Kinder und Jugendliche im Sinne von Citizen Science mitwirken sollen“, betont Sabitzer. Etwa, ob in den Schulen durch den frühen und fächerübergreifenden Einsatz der Ozobots das Interesse an technischen und naturwissenschaftlichen Fächern steigt. „Das wird sich in ein paar Jahren an den Lehrlingszahlen in technischen Berufen und den Anmeldezahlen an technischen Lehranstalten, Fachhochschulen und Universitäten messen lassen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Bildungsforschung, der wegweisend für zukünftige Ausbildungskonzepte sein könnte“, betont Sabitzer.

Unten: Schülerinnen und Schüler der Steyrer Volksschule und Mittelschule Punzerstraße testen die Ozobots. Foto © Magistrat Steyr / Presse.

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